„Gebote der Not? Gewalt, Macht und Verhandlung in Belagerungen des 17. Jahrhunderts“
In militärischen Konflikten des 17. Jahrhunderts spielten Belagerungen eine entscheidende strategische Rolle. In meinem Forschungsprojekt untersuche ich den Umgang frühneuzeitlicher Gesellschaften mit dem ‚Ausnahmezustand‘ der Belagerung. Unter Rückgriff auf Fallbeispiele aus dem niederländischen Unabhängigkeitskrieg (1568-1648), dem Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) sowie den Habsburgisch-Osmanischen Konflikten werden praktisches Handeln und Theoriebildung beleuchtet. Dabei wird deutlich, wie die Notsituation Macht und Autorität zugleich stärkte und schwächte, wie darin Abgrenzungen gezogen und zugleich unterminiert wurden. Zugriff auf eine häufig ‚kulturell‘ gedeutete Konfrontation bietet speziell die osmanische Belagerung Wiens 1683. Angesichts der kulturellen Vielfalt der frühneuzeitlichen ‚Militärgesellschaft‘ eröffnet das Projekt jedoch generell eine neue Perspektive auf die Konstruktion von Identitäten und Alteritäten, auf Ordnungsversuche in einer äußerst bedrohlichen Lage.